Bitte

12. Februar 2019

Neulich wurde ich Zeuge, wie eine Pferdebesitzerin von ihrem Vierbeiner mit dem Kopf meterweit weggeschubst wurde und hinfiel. Es war nicht die Tatsache, dass sich dies ereignet hat sondern vielmehr die Reaktion der Frau auf diese Impertinenz, die mich überraschte. Wie sie sich notdürftig die ramponierten Haare und die durch Exkoriationen verzierten Hände gerichtet hatte, trat sie an ihren grinsenden Equiden und sprach in festem Ton:

„Du sollst das bitte lassen!“.

Höflichkeit ist eine menschliche Tugend, die gepflegt werden will. Nur allzu häufig mangelt es auch halbwegs neurologisch gut ausgestatteten Hominiden daran und oft genug schimmert noch der sympathische Charme von Amöbenverhalten durch. Diese ethologisch der Postneandertaler-Epoche zuzurechnenden Zellkonglomerate hätten den bildlichen Kopfschubser nur allzu nötig.

Im Umgang mit Pferden kommt leider noch die Gefahr nach der uns allen sattsam bekannten Formel 1/2mv² dazu, für die manches menschliche Körperteil nun mal nicht ausgelegt ist. Der verhaltensorientierte Blick auf die angebrachte Reaktion einer solchen Schubsattacke, dürfte bei vielen pazifistischen Tierliebhabern Antiperistaltik auslösen. Spätestens beim 3. Flug über den Putzplatz sollten eherne Prinzipien aber einem gesunden Pragmatismus weichen. Keine Angst, danach ist Vertrauensverlust nicht die Regel, wenn die Antwort auf Pferdisch mit der richtigen Grammatik vermittelt wird. Es ist sicher besser, von seinem Pflanzenfresser freundliche Umgangsformen einzufordern, als ständig dem Arbeitgeber den Grund der Krankschreibungen erläutern zu müssen.

Dann macht das Bittesagen auch wieder Spaß.

Sebastian Schöneich
Dr.med.vet.
Am Redder 39, 21218 Seevetal
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