12. Februar 2019
Neulich wurde ich Zeuge, wie eine Pferdebesitzerin von ihrem Vierbeiner mit dem Kopf meterweit weggeschubst wurde und hinfiel. Es war nicht die Tatsache, dass sich dies ereignet hat sondern vielmehr die Reaktion der Frau auf diese Impertinenz, die mich überraschte. Wie sie sich notdürftig die ramponierten Haare und die durch Exkoriationen verzierten Hände gerichtet hatte, trat sie an ihren grinsenden Equiden und sprach in festem Ton:
„Du sollst das bitte lassen!“.
Höflichkeit ist eine menschliche Tugend, die gepflegt werden will. Nur allzu häufig mangelt es auch halbwegs neurologisch gut ausgestatteten Hominiden daran und oft genug schimmert noch der sympathische Charme von Amöbenverhalten durch. Diese ethologisch der Postneandertaler-Epoche zuzurechnenden Zellkonglomerate hätten den bildlichen Kopfschubser nur allzu nötig.
Im Umgang mit Pferden kommt leider noch die Gefahr nach der uns allen sattsam bekannten Formel 1/2mv² dazu, für die manches menschliche Körperteil nun mal nicht ausgelegt ist. Der verhaltensorientierte Blick auf die angebrachte Reaktion einer solchen Schubsattacke, dürfte bei vielen pazifistischen Tierliebhabern Antiperistaltik auslösen. Spätestens beim 3. Flug über den Putzplatz sollten eherne Prinzipien aber einem gesunden Pragmatismus weichen. Keine Angst, danach ist Vertrauensverlust nicht die Regel, wenn die Antwort auf Pferdisch mit der richtigen Grammatik vermittelt wird. Es ist sicher besser, von seinem Pflanzenfresser freundliche Umgangsformen einzufordern, als ständig dem Arbeitgeber den Grund der Krankschreibungen erläutern zu müssen.
Dann macht das Bittesagen auch wieder Spaß.
14. Dezember 2015
Es gibt sie wirklich.
Ein gewöhnlicher Sonntag mit einem Notfall. Nicht zu einer Zeit, wo nach Überwindung des Warum-ausgerechnet-heute-um-fünf-aus-dem-Bett-geklingelt-Werden der leiser werdende Schweinehund sich winselnd der tollen Morgenstimmung ohne Störungen auf der Straße trollt. NEIN, natürlich zu einer Zeit, wo sie ALLE unterwegs sind. Leider erwischt man dabei auch IMMER die mittlerweile gut getarnten Wackeldackel- und Klorollen-Protagonisten, die wohl unter Beweis stellen wollen, dass man in Deutschland eigentlich in Orten und auf Landstraßen ein einheitliches Tempolimit von 60km/h einführen könnte und Autos auch bequem mit 3 Gängen –inklusive Rückwärtsgang- auskommen müssten. Diese haben auch immer den gleichen Weg wie ich. Leider, denn nicht nur, dass man einer armen Kreatur helfen möchte, man möchte ja auch vor Anbruch des neuen Jahres wieder zuhause sein!
Ihr kennt das. Überholen? Auf viele Kilometer Fehlanzeige! Und wenn es dann doch klappt, gibt es schnell Ersatz für den oben erwähnten Verkehrsteilnehmer.
Da man das saubere Punktekonto in Flensburg behalten möchte und auch sonst an seinem Leben und seiner Gesundheit abseits von Herzinfarkt und Schlaganfall hängt, besinnt man sich am Ende doch auf Ruhe und Vernunft.
Eine zusätzliche mentale Bremse schaltet sich nach weiteren Metern Selbstmitleid ein: Vielleicht bin ICH SELBST es ja auch in ein paar Jahren, der seinem sonst nur rumstehenden Auto sonntags ein paar Meter an frischer Luft gönnt und findet, dass 60 auf der geraden Landstraße schnell genug sind und auch die Kurven mit rasanten 40 Sachen noch Spaß machen.
Wenn Du dann als eiliger Tierarzt hinter mir fährst, bitte 3X anblinken. Ich mache Dir dann Platz.
Ihr Sebastian Schöneich